Sommerfahrt Südfrankreich 11. – 24.08. 2012 Teil 1: Auf kargen Hochebenen durchs Land der Templer
Unsere diesjährige Großfahrt sollte uns in den Süden Frankreichs führen, nämlich in die Region Languedoc – Roussillon. Im Departement Herault, also etwa 1000 km entfernt von der schwäbischen Heimat, diente uns ein malerisch gelegener Campingplatz nahe bei Lodève als Ausgangspunkt für unsere Touren und Tagesausflüge, und nach über zwölfstündiger Fahrt konnten wir dort die Jurte und unsere vier Kohten aufschlagen. Der Platz war sehr großzügig bemessen, so dass wir trotz der vielen Zelte reichlich Raum zur Entfaltung hatten und so eine Art kleines Lager errichten konnten. Auch die Witterung war erwartungsgemäß gut, und bei mediterranen Temperaturen und strahlendem Sonnenschein begannen wir unsere ersten Unternehmungen. Gleich zu Beginn stand eine Stadtbesichtigung von Lodève auf dem Programm – wirkte dieses kleine, knapp 7500 Einwohner zählende Städtchen am Fuße der Hochebene von Larzac auf den ersten Blick auch unscheinbar und sommerlich verschlafen, so hielt es doch einige Sehenswürdigkeiten und Kleinode bereit, wie etwa die ehemalige Kathedrale St. Fulcran mit ihrer beeindruckenden spätgotischen Architektur. Die Landschaft um Lodève ist karg und trocken, hier gedeihen vornehmlich Weinreben und Olivenbäume. Fährt man dann noch etwas weiter gen Norden, also hinauf auf die Hochebene von Larzac, so scheinen nur noch Schafe und Hirten die Weggefährten des Wanderers zu sein, allenfalls säumen kleine Dörfer und Gehöfte den Weg. Aber auch in dieser scheinbar so kargen und öden Gegend gab es für uns einiges zu entdecken, wie etwa die Höhle von Labeil. Hier waren im Laufe der Jahrmillionen tiefe Gänge und hallenartige Hohlräume in dem löchrigen Karstgestein entstanden, und das von der Oberfläche hindurchsickernde Wasser bildete phantastische Formationen, die wir staunend begutachteten. Obendrein war uns die kühle Höhlenluft eine willkommene Abwechslung zu den sonst sehr heißen Temperaturen, die auch auf der Larzac-Ebene im Hochsommer vorherrschen. Nichtsdestotrotz schickten wir uns Tags darauf an, eine kleine Tour zu unternehmen, sie sollte uns von La Couvertoirade nach Le Caylar führen, also mitten durch das „Land der Templer“. Hierhin hatte sich im Hochmittelalter der einstmals mächtige und einflussreiche Orden der Templer zurückgezogen, nachdem er bei Papst und König in Ungnade gefallen war und sämtliche Tempelritter der Ketzerei und des Aufrührertums bezichtigt wurden. Starke Mauern umgeben noch heute das mittelalterliche Festungsstädtchen La Couvertoirade und wo jetzt Touristen friedlich umherwandeln und wo in den unzähligen Kaufläden allerlei Souvenirs feilgeboten werden, fanden vor fünf Jahrhunderten blutige Kämpfe statt, die in die Auflösung des Templerordens mündeten. Von La Couvertoirade wanderten wir, zum Teil über Stock und Stein und durch unwegsames, dorniges Gelände, nach Le Caylar, auch dies ehemals eine Rückzugsstätte der Templer. Genug nun aber der Mühen, dachten wir, und planten für den darauffolgenden Tag nach einer abermaligen kurzen Wanderung, die uns auf einen Aussichtsberg unweit des Lagerplatzes führte, einen Badeaufenthalt am Lac du Salagou. Dieser nahe des Campingplatzes gelegene Stausee dient hauptsächlich der Versorgung mit Trink- und Löschwasser in einer geradezu wüstenartig anmutenden Umgebung, bei deren Anblick sich manch einer der Fahrtenteilnehmer an die roten Wüsten Namibias erinnert fühlte….
Sommerfahrt Südfrankreich Teil 2 – Durch das vielfältige Languedoc
Der Campingplatz, auf dem wir für zwei Wochen unsere Kohten aufgeschlagen hatten, lag zwar nicht in unmittelbarer Nähe des Mittelmeeres, aber via Autobahn war dieses binnen kurzer Zeit zu erreichen, und so zögerten wir nicht, auch diese Seite des Languedoc zu erkunden. Ein besonderes Ziel war dabei die mittelalterliche Festungsstadt Aigues-Mortes, deren Name – übersetzt bedeutet er „tote Wasser“ – eigentlich nichts Spannendes verheißt. Aber weit gefehlt, denn die Stadt war ursprünglich als Hafenstadt konzipiert und wurde im Mittelalter inmitten einer Sumpflandschaft gleichsam ins Meer hineingebaut. Bis ins 15. Jahrhundert war sie eine der bedeutendsten Hafenstädte Frankreichs, lebhafter Handel ließ die Stadt erblühen und als Ausgangspunkt mehrerer Kreuzzüge war sie von großer strategischer Bedeutung. Allerdings zog sich im Laufe der Jahrhunderte das Meer mehr und mehr zurück und die Umgebung der wehrhaften Stadt versandete zusehends. Ihres Hafens beraubt, versank die einst so wohlhabende Stadt in der Bedeutungslosigkeit, die Einwohner – zusätzlich von der Pest geplagt - lebten fortan vorwiegend von der Salzgewinnung und vom Weinbau, der in dieser Gegend ohnehin eine Jahrtausende alte Tradition aufweisen kann. Wir waren von den mächtigen Festungsmauern, den kilometerlangen Wehrgängen und den engen, malerischen Gassen des Städtchens sichtlich beeindruckt, jedoch forderte die immerfort scheinende Sonne ihren Tribut und verlangte nach einer Abkühlung im erfrischenden Nass des Mittelmeeres. Zu unserem Leidwesen mussten wir aber feststellen, dass wir nicht die einzigen waren, die es an den Strand zog, und für heute sollte sich kein Parkplatz mehr finden lassen. Also ging es zurück auf den Campingplatz, schließlich verfügte dieser ja auch über eine großzügige und gepflegte Poolanlage. Dort vergnügten wir uns dann noch ein wenig und beschlossen, gleich am nächsten Tag erneut ans Meer zu fahren, jedoch in aller Frühe aufzubrechen, um einen strandnahen Parkplatz zu erheischen. Dies gelang uns dann auch prompt und wir konnten einen wunderbar sonnigen Strandtag am Mittelmeer verbringen, wobei unsere Badefreuden lediglich durch den einen oder anderen Sonnenbrand getrübt wurden…Ein Wunder technischer Art erwartete uns Tags darauf: Unweit von Lodève befindet sich der Viadukt von Millau, eine wahrhaft atemberaubende Konstruktion aus Stahl und Beton. Die im Jahre 2004 nach nur drei Jahren Bauzeit fertiggestellte Brücke bildet den Lückenschluss auf der Autobahn 75 Paris-Barcelona und überwindet in einer Höhe von gut 200 Metern die Schlucht des Flüsschens Tarn, auf dem man im übrigen auch sehr gut paddeln kann. Von einem Aussichtspunkt konnten wir dieses beeindruckende Werk der Ingenieurskunst bestaunen, um anschließend noch einen kleinen Abstecher in die Tarnschlucht zu unternehmen. Im Laufe der Jahrmillionen hatte sich das kleine Flüsschen tief in den Kalkstein der hiesigen Hochebene gegraben und man kann heute eine bizarre Felsschlucht bewundern, deren Felswände nahezu senkrecht emporschießen. Diesen geologischen Prozessen ist es auch zu verdanken, dass es in unserer Fahrtengegend einen der besten Käsesorten Frankreichs zu verkosten gibt, nämlich den Edelschimmelkäse aus Roquefort-sur-Soulzon. Das lediglich etwa 650 Einwohner zählende Dorf schmiegt sich eng an die Kalksteinfelsen der Hochebene von Larzac und sieht von weitem aus wie eine kleine Festung. In den zahlreichen Höhlen rund um das Dorf herrscht ein optimales Reifeklima für den köstlichen Käse, den wir im Rahmen einer Käsereibesichtigung natürlich auch genüsslich probierten, schließlich gehört der Roquefort-Käse zu den kulinarischen Höhepunkten der gesamten Region!
Sommerfahrt Südfrankreich Teil 3 – Durch die tiefen Schluchten der Vis
Viel zu schnell neigten sich die Tage in Südfrankreich allmählich ihrem Ende zu, allerdings standen noch einige Ziele auf unserem Fahrtenprogramm. Beispielsweise hatten wir uns eine Zwei-Tages-Tour durch das tief eingeschnittene Tal der Vis vorgenommen, eine gar nicht so einfache Herausforderung, wie sich rasch zeigen sollte…Bei strahlendem Sonnenschein und großer Hitze erreichten wir den Ausgangspunkt hoch über dem kleinen Flüsschen. Voll bepackt und gut gerüstet ging es frohen Mutes auf schmalen Pfaden zunächst geradeaus, dann merklich den Berg hinunter. Staubtrocken waren die Wege, links und rechts nur kümmerliches Buschwerk und Knieholz, ab und zu ein paar schattenspendende Olivenbäume, die wir gerne zur Rast nutzten. Je weiter wir in die Schlucht der Vis hinabstiegen, desto kühler und angenehmer wurde es, jedoch verlief der Weg entgegen unserer Hoffnung mitnichten entlang den kühlenden Flusslaufs, sondern führte uns immer wieder bergan, so dass wir doch recht angestrengt und schweißgetränkt an unserem Etappenziel anlangten. Dort, nahe des kleinen Dorfes Navacelles, wurden wir für unsere Mühen mit einem herrlich erfrischenden Bad in den kühlen Fluten der Vis belohnt, und von den Felsen hinab zu springen, bereitete uns müden Wanderern ein großes Vergnügen. Wenige hundert Meter flussaufwärts hatte uns Helmut ein überaus romantisches Plätzchen gezeigt, wo wir uns für eine Nacht dann auch prächtig niederließen. Unweit des Flusses konnten wir hier ein paar herrliche Stunden verbringen, von hier unten sahen wir hinauf zu den schroffen Felsen der Schlucht und saßen noch einige Zeit im Kreis zusammen, beobachteten den Lauf des Mondes und schlummerten - begleitet vom Zirpen der Grillen – allmählich ein. Der nächste Tag brachte wieder viel Sonne und einige Mühsal, schließlich galt es, vom Talgrund aus wieder die Hochebene zu erreichen. Zunächst ging es gemächlich auf schattigem Pfade voran, bevor wir schließlich unter dem Brennen der Sonne Höhenmeter für Höhenmeter erklommen; nun verstanden wir, warum die Einheimischen das Tal der Vis auch „Le Four“, also „Backofen“ nannten. Langsam nur quälten wir uns den schmalen Pfad empor, stets darauf bedacht, noch einen kleinen Schluck Wasser bevorratet zu halten, bevor dieses kostbare Gut in dieser brunnenlosen Gegend zur Neige ging…Endlich hatten wir die Hochebene erreicht, im Örtchen Blandas konnten wir im Schatten weit ausladender Platanen die wohlverdiente Ruhepause einlegen, bevor wir nach dieser anstrengenden, aber wunderbar eindrucksvollen Tour wieder die Rückfahrt zum Campingplatz antraten.
Der nächste Tag stand hingegen wieder ganz im Zeichen der reichen Kultur des Languedoc: War die Zeit zuletzt doch etwas knapp geworden, reichte es nichtsdestoweniger einen Besuch in der mittelalterlichen Festungsstadt Carcassonne: Ursprünglich als Grenzfeste gegen das nahe Spanien errichtet, verfiel die Stadt und wurde erst Mitte des 19. Jahrhunderts wiederentdeckt und in dieser Zeit mit viel Liebe zum Detail und Eifer rekonstruiert. In ihren Mauern wurden wir in die Zeit des Mittelalters versetzt, wir lauschten den Klängen von Minnesängern, bestaunten kühne Recken auf ihren bunt geschmückten Pferden und durchströmten die engen, nach Lavendel duftenden Gassen der Stadt…Auf dem Rückweg lud Montpellier, die Hauptstadt des Languedoc, uns noch zu einer kurzen Besichtigung ein, bevor wir allmählich wirklich Abschied nehmen mussten von diesem wunderbaren Landstrich, der uns für knapp zwei Wochen zur Fahrtenheimat geworden war und sicher noch lange Zeit in guter Erinnerung bleiben wird… Daniel Bessert
Fortsetzung folgt…